FÜRTHER LANDKREIS NACHRICHTEN - 17.9.2004 - [B0409173]

Wartet der Landkreis umsonst auf die U-Bahn?

Signale aus Nürnberg lassen auf politische Weichenstellung schließen - Trasse der "Bibert-Bärbel" im Gespräch

FÜRTH Land - Ablehnende Reaktionen von den Bürgermeistern aus Zirndorf und Oberasbach erntet die jüngste Idee aus Nürnberg, den weiteren U-Bahn-Ausbau in den Fürther Landkreis zu stoppen. Eine Reaktivierung der 1986 stillgelegten Bibertbahn als alternatives, öffentliches Verkehrsmittel kommt für die Stadtoberhäupter nicht in Frage.

Ob der Vorstoß des SPD-Fraktionsvorsitzenden im Nürnberger Stadtrat, Gebhard Schönfelder, ernst zu nehmen ist, darüber rätselt nun Zirndorfs Bürgermeister Gert Kohl (SPD). Nach Schönfelders Vorstellungen soll der bisher vorgesehene U-Bahn-Ausbau aus Kostengründen zu Gunsten eines weiter reichenden Straßenbahnnetzes ein Ende finden (wir berichteten). Damit wäre auch ein Schlusspunkt bei der gerade entstehenden Haltestelle an der Gustav-Adolf-Straße gesetzt. Dieser Variante widerspricht jedoch die Tatsache, dass dem Landratsamt eine offizielle Zusicherung aus Nürnberg über den weiteren Ausbau bis Gebersdorf vorliegt.

"Das Ganze ist mir zu diffus", schimpft Kohl. Er wisse nicht, ob diese Idee jetzt eine 6quot;Einzelmeinung vom Kollegen Schönfelder" ist oder ob sich dahinter eine tatsächliche Abkehr der bisherigen Pläne zu dem Projekt verbirgt. In dieser Sache jedenfalls will Kohl so bald wie möglich OB Ulrich Maly aufsuchen.

Zirndorf braucht eine "verlässliche Aussage", sagt Kohl. Denn die städtische Verwaltung stehe davor, den Flächennutzungsplan für die nächsten 20 Jahre neu aufzustellen. Wenn die U-Bahn kommt, wovon er noch ausgeht, müssen seine Mitarbeiter die Trassenführung im Plan festlegen. Und das hat Folgen: Es muss geklärt werden, was mit den an eine künftige Strecke angrenzenden Flächen passiert. So wird etwa definiert, wo mögliche Rampen in den Untergrund und wo sie wieder herausführen sollen.

Alternatives Konzept

Nun steht seit vorigen Juli ein weiteres Konzept als mögliche Alternative zur U-Bahn nach Zirndorf und Oberasbach im Raum: Die Interessengemeinschaft Bibertbahn (IGBB) schlägt vor, die im Jahre 1986 stillgelegte Trasse der einstigen Bibertbahn von Zirndorf-Leichendorf bis Nürnberg-Hauptbahnhof wieder zu beleben (wir berichteten). Nach Ansicht der Befürworter der so genannten Bibert-Bärbel wird die U-Bahn auf Grund leerer Kassen in Nürnberg die Stadtgrenze bei Gebersdorf nicht überschreiten. Eine Einschätzung, die sie mit dem SPD-Fraktionsvorsitzenden Gebhard Schönfelder teilen. Diesem Projekt stehen allerdings die betroffenen Städte skeptisch gegenüber. Gert Kohl hält diese Lösung für "kontraproduktiv". Damit müssten an stark befahrenen Straßen wie der Albrecht-Dürer- oder der Zirndorfer Straße wieder Schranken aufgestellt werden. Wollte man einen kurzen Zeit-Takt der reaktivierten Linie, müssten die Schlagbäume zu oft nach unten rasseln. Die Strecke, vor mehr als 100 Jahren gebaut, würde außerdem, so Kohl, Zirndorf und Oberasbach nur an ihren Rändern streifen.

Den Argumenten aus der Bibertstadt schließt sich auch die Zweite Bürgermeisterin von Oberasbach, Heidi Chille (SPD), an. Die Einwände gegen den U-Bahn-Bau ins Fürther Land habe ihr "einen gehörigen Schrecken" eingejagt. Im gleichen Atemzug räumt sie dem historischen Projekt um die Bibertbahn kaum Chancen ein. Ihrer Ansicht nach müsste die stillgelegte Trasse mit ihrem Neuanfang kreuzungsfrei, also unter- oder oberirdisch, ausgebaut sein. "Dann können wir aber gleich eine U-Bahn bauen." Konzepte, die eine Wiederbelebung der Trasse favorisieren, bremsen nach Chilles Worten die U-Bahn-Pläne aus. Denn ihre Rentabilität misst sich an geschätzten Fahrgastzahlen. Die Bibertbahn stünde dem konkurrierend gegenüber. "Beide Projekte zusammen wird es in Zukunft sicher nicht geben."

Dem Gegenwind aus den Rathäusern sieht der Vorsitzende der Interessengemeinschaft Bibertbahn, Sven Becker, gelassen entgegen. Denn die Betriebskosten zum Unterhalt einer Untergrundbahn sind zu hoch. Beispiel Fürth: Die Stadt ist laut Becker in Deutschland die kleinste Großstadt mit einer U-Bahn und sie hat an diesen Beträgen "ordentlich zu knabbern". Wie sollen bei immer knapper werdenden Kassen die noch kleineren Städte Zirndorf und Oberasbach die Unterhaltskosten berappen, fragt sich der Vorsitzende. Auch er habe die verstopften Straßen satt. Doch "die U-Bahn können wir dem Steuerzahler nicht zumuten". Die Bibertbahn würde in punkto Wiederherstellung und Betriebskosten deutlich günstiger zu Buche schlagen.

Der stellvertretende Regionalvorsitzende vom Fahrgastverband "Pro Bahn", Matthias Beß, stellt sich hinter Beckers Argumente. Sein Verband, der ein Mitglied in der IGBB ist, sieht in der Bibertbahn das richtige Gegenmittel für das hohe Verkehrsaufkommen in den Hauptverkehrsadern Zirndorfs und Oberasbachs. Denn die Nachfrage sei groß. Er glaubt, dass künftig viele Bürger auf den Zug aufspringen. Die Bahnschranken an stark befahrenen Straßen, die als Gegenargument angeführt werden, wertet Beß als "Scheinproblem". Seiner Ansicht nach ist der Begriff "Schranke" bereits "psychologisch ungünstig". Man denke dabei wohl zuerst an einen Verkehrsrückstau. Doch eine Bahn-Überquerung mit Andreaskreuz und Blinklicht ist für Beß nichts anderes als eine Ampel, die an einer Straßenkreuzung steht.

FLN-Kommentar siehe: B0409175
Kommentierender Leserbrief siehe: B0409241
Kommentierender Leserbrief siehe: B0409242

ALEXANDER BROCK - 17.9.2004 0:00 MEZ

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